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Accuphase-E-270-und-DP-560

Accuphase E-270 Vollverstärker im Test

Accuphase E-270 – Feste Größe

Finden Sie auch, dass alles, was schnell „out“ sein kann, nie wirklich das Recht hatte, „in“ zu sein? Dann sind Sie ein typischer Accuphase-Kunde.

Fotografie: Ingo Schulz

Wahrscheinlich gibt es auf dem deutschen HiFi-Markt keine so (im bestmöglichen Sinne) konservative Firma wie Accuphase. Denn Accuphase geht mit seiner hiesigen Dependance P.I.A. HiFi schon seit nunmehr 42 Jahren den Weg gemeinsam. Welcher andere Hersteller kann schon auf eine derart lange Zusammenarbeit mit einem Vertrieb zurückblicken?

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Das passt natürlich bestens zu den Produkten, die auf den ersten Blick so aussehen, als sei nie ein Produktdesigner in ihre Nähe gekommen. Wenn man sich allerdings die penibel bemessenen Fasen, die exakt dimensionierten Schalter oder nahtlos integrierten Kühlkörper ansieht, merkt man: Das genaue Gegenteil ist der Fall. Nur würde man bei Accuphase nie auf die Idee kommen, eine Designpflege so offensichtlich zu gestalten, dass sie sofort ins Auge sticht. Genau wie die technischen Innovationen, die – obgleich in hohem Maße vorhanden – eher evolutionär denn revolutionär in die Serie einfließen.

Mir gefällt diese Zurückhaltung, die Absage an jede schnelle Mode, sodass man einem Accuphase-Gerät nicht auf den ersten Blick Baujahr oder gar Generation ansieht und erst einmal genauer forschen muss, um der Sache auf den Grund zu gehen. Ein weiteres, besonders schönes Beispiel für diesen Konservativismus ist, dass die Prospektangaben immer etwas unter den tatsächlich gemessenen Werten liegen. Sie stellen also Größen dar, die unter Garantie immer erreicht und nicht von der Marketingabteilung gewünscht werden.

Die Haltung, die hinter all dem steht, offenbart neben fraglos sehr geschicktem geschäftlichem Kalkül auch einen großen Respekt vor der Musik, die immer Hauptsache bleiben soll, nicht diese oder jene Schaltung, das neue Design-Gimmick. Daher muss man auch bei keinem Accuphase-Verstärker auf eine Klangregelung oder eine Loudness-Schaltung verzichten, beschleunigt eine gewisse Anpassung an klanglich nicht ideale Wohnräume den Genuss doch weit mehr als eine hohle Ideologie der direkten Signalwege, die in mancher Wohnzimmerakustik ins Leere läuft.

Seit ich mich mit HiFi beschäftige, also seit guten 30 Jahren, stellt Accuphase für mich eine feste Größe dar, die ich allerdings nicht gleich verstand. So musste mein kleiner Vollverstärker dereinst gehen, weil ich aus seiner Neutralität die falschen Schlüsse zog und ganz nebenbei auch falsch beraten wurde. Denn der unausgewogene Klang meiner Anlage, kaum dass der Accuphase zu Hause spielte, war nicht seine Schuld – er zeigte vielmehr auf, was vor und hinter ihm im Argen lag. Das weiß ich jetzt. Damals witterte ein Händler seine Chance und nutzte sie, indem er mich nach und nach zu einem Komplettumbau der Anlage brachte. Mit einem Ergebnis, das Sie sich vorstellen können: Es hörte nicht mehr auf. Wäre ich doch nur bei dem Accuphase geblieben …

 

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Viele Jahre später ist nun die aktuelle Inkarnation des kleinsten Vollverstärkers zu Gast und spielt sich – nein, nicht warm. Accuphase schließt man an und hört damit Musik. Natürlich verändert sich klanglich in den ersten Minuten noch ein wenig hier oder dort, aber erst umtanzt werden, um gut zu klingen, müssen andere Verstärker.
Der E-270 sieht bis auf Details so aus wie viele Vollverstärker der Marke vor ihm, von seinen großen Brüdern unterscheidet ihn lediglich die Bauhöhe und das Fehlen einer Klappe, die alle Regelmöglichkeiten verdeckt. Hier lässt sich alles schalten und regeln, was man zum Musikhören brauchen könnte. Sämtliche Knöpfe und Drehregler laufen satt und vermitteln das gute Gefühl scheinbar unbegrenzter Lebensdauer. Auf der Rückseite gibt es diverse unsymmetrische Ein- und Ausgänge und einen symmetrischen Eingang, zudem einen Schacht zur Aufnahme der Accuphase-typischen Optionsplatinen und zwei Paar dicker Polklemmen, die ab dieser Generation direkt mit der Endstufenplatine im Innern verbunden sind.

Im Innern hat einiges Erbgut aus den größeren Serien Einzug gehalten. Den für mich wichtigsten Punkt stellt die Lautstärkeregelung dar, von ihren Erfindern AAVA („Accuphase Analog Vari-Gain“) getauft. Hierbei handelt es sich um eine Schaltung, die über die Kombination von 16 Spannungs-/Stromwandlern immerhin 65 536 Lautstärkestufen auf rein analogem Wege bereitstellt, und das völlig ohne Pegeldifferenzen zwischen den Kanälen, pegelbedingte Änderungen des Ausgangswiderstands oder Übersprechstörungen. Mir ist keine andere Lösung bekannt, die derart fein abgestuft und technisch sauber arbeitet. Auch bei der Endstufe wurde im Vergleich zum Vorgänger gründlich renoviert. Eine Stromgegenkopplung (vorher Spannungsgegenkopplung), eine stabilere Stromversorgung und neue Transistoren verhelfen dem E-270 zu einem verdoppelten Dämpfungsfaktor und sollen außerdem die Phasenstabilität erhöhen.

Da die P.I.A. es bei der Versorgung der berichtenden Autoren sehr genau nimmt, landet der Vollverstärker natürlich nicht ohne Begleitung bei mir. Um zu ermöglichen, dass ich einen möglichst differenzierten Eindruck unter besten Bedingungen erhalte, befinden sich im Gepäck des E-270 auch die Optionsplatinen zum direkten Anschluss eines Plattenspielers oder diverser Digitalquellen, darüber hinaus aber auch ein passender CD-Player, der im Übrigen wirklich erstklassige DP-560. Zuerst jedoch muss sich der E-270 ganz alleine beweisen und wird dazu mit einem Mark Levinson ML 390s und einem Paar Spendor-Lautsprecher verbunden. Und schon da zeigt sich eine besondere Qualität dieses Verstärkers: Aus den Lautsprechern hört man im Leerlauf auch bei weit aufgedrehter Lautstärke – nichts. Das mag vielen Hörern nicht so wichtig sein, doch für mich ist das ein entscheidendes Kriterium. Nur so kann ich sicher sein, dass kein noch so feines Ausschwingen einer Hallfahne unter den (Rausch-)Teppich gekehrt wird. Endlich mit Musik versorgt, zeigt sich schon nach den ersten Tönen die firmentypische Qualität, sich aus allem – auch aus möglichen Fehlern – herauszuhalten.

Stimmt etwas klanglich nicht, wird man nur selten auf die Idee kommen, es könne an der Accuphase-Komponente in der Kette liegen. Da aber Spendor und Mark Levinson ähnliche Qualitäten einbringen, kommt es, wie es eigentlich sein soll: Die Software (Musik) rückt in den Mittelpunkt des Interesses, obwohl ich mich eigentlich mit der Hardware (Verstärkung) beschäftigen möchte. Und so läuft der Versuch einer klanglichen Beschreibung des E-270 mehr oder minder ins Leere und erschöpft sich in einer Beschreibung der gehörten Musik. Allen Hörproben gemein ist allerdings eine klangliche Souveränität, die auch bei höheren Lautstärken und komplexerem Material beste Übersicht und ein vollkommen stressfreies Klangbild gewährleistet. Faszinierend auch immer wieder die von CD zu CD variierende und stets extrem präzise dargestellte Räumlichkeit. Sicher ein Verdienst der Lautstärkeregelung in Verbindung mit der guten Lautsprecherkontrolle.
Ein Bekannter will das Gehörte nicht ganz so positiv bewerten, für ihn steckt hinter dieser Souveränität eine Art „Hausklang“, ein Stempel, der hier der Musik aufgedrückt wird. Um das zu klären, wandert der Accuphase zusammen mit uns ins Studio und wird an den Merging-DAC angeschlossen. Schon einige scheinbar detailliert aufspielende Komponenten mussten hier arg Federn lassen, wenn es darum ging, minimale Eingriffe per Kompressor oder Equalizer darzustellen. In diesen Fällen konnte man leicht hören, dass der Detailreichtum nur ein vermeintlicher war und sich vielmehr als klangliche Signatur vor die Musik stellte. Von groben Kurvenveränderungen arbeiten wir uns im Tonstudio zu immer feineren Modifikationen vor, und der kleine Accuphase-Vollverstärker bleibt keine Antwort schuldig.

Für den Musikhörer zu Hause bedeutet das schlicht und ergreifend, dass der E-270 wirklich sehr sauber darstellt, was ihm an musikalischen Signalen angeliefert wird. Er ordnet nichts einem Hausklang unter, sondern gibt weitestgehend kommentarlos wieder, was er über seine Eingänge empfängt. Für manchen Hobbyisten mag das vielleicht keine schöne Vorstellung sein, für die meisten allerdings (mich eingeschlossen) ist diese feine Ehrlichkeit sehr beruhigend.

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Die optionale Phonoplatine AD-30 passt perfekt ins Bild, weist sie doch sehr solide Qualitäten auf. Dass auch hier rein technisch alles stimmt, muss wohl nicht gesondert erwähnt werden. Klanglich gibt sich die AD-30 betont unauffällig, wirkt gar noch eine Spur dezenter als die anderen Züge des Verstärkers. Da ein Analog-Setup immer eine Gleichung mit vielen Variablen darstellt, hält sich der – auf der Front umschaltbare – MC/MM-Einschub mit einem betont neutralen Ansatz souverän zurück, gibt dem analogen Setup dadurch viel Raum zur Klanggestaltung. Wer bei den vorgeschalteten Komponenten auf eine stimmige Zusammenarbeit achtet, wird diese Ehrlichkeit besonders hoch zu schätzen wissen und darf die AD-30 als wirklich hochwertige Empfehlung verstehen.

Wer hingegen digitale Zulieferer bevorzugt, wird die ebenfalls optionale Digitalplatine ins Herz schließen. Die DAC-40-Option schlägt klanglich in die gleiche (nicht vorhandene) Kerbe des E-270, löst fein und ohne Härte auf. Und zwar so gut, dass auch bekannte und gut beleumundete Stand-alone-DACs bis gut 2000 Euro nach einem Vergleich wieder gehen dürfen. Wenn man bedenkt, dass mit dem dreifach belegbaren DAC-Board auch noch gleich einen Stellplatz im Regal sowie ein Netz- und ein Paar Signalkabel eingespart werden kann, kommt die Digitalplatine für den E-270 geradezu einem Sonderangebot gleich.

Nach meinen aktuellen Erfahrungen mit dem E-270 muss ich mich wieder einmal fragen, welcher taube Mensch das Gerücht von angeblich langweilig und undynamisch klingenden Accuphase-Geräten in die Welt gesetzt hat. Anstiegszeiten (und damit „echte“ Schnelligkeit des Verstärkers), Verzerrungswerte, Leistungsdaten und sonstige Werte wie Kanalgleichheit oder -trennung dokumentieren auf dem Papier, was man mit offenen Ohren leicht nachvollziehen kann: Es geht sicherlich anders, aber schwerlich besser als mit dem Accuphase E-270. Wie bei einem guten Koch wird hier der natürliche Geschmack der Zutaten geliefert – Geschmacksverstärker haben keinen Zutritt zu dieser Küche. Gute Musik hat das sowieso nicht nötig.

Accuphase E-270 Navigator

 

Vollverstärker Accuphase E-270

Leistung (8/4 Ω): 2 x 90/120 W
Eingänge: 1 x Hochpegel symmetrisch (XLR), 6 x Hochpegel unsymmetrisch (Cinch), optional erweiterbar mit Digitalplatine DAC-40 (1260 €), Phonoplatine AD-30 (1010 €) oder Hochpegelplatine LINE-10 (160 €); Power Amp in (Cinch)
Ausgänge: 1 x Rec Out, 1 x Pre Out (Cinch), 2 Paar Lautsprecher (Schraubklemmen), 1 x Kopfhörer (6,3-mm-Klinke)
Besonderheiten: AAVA („Accuphase Analog Vari-Gain“), abschaltbare Klangregler
(±10 dB @ 300/50 Hz, ±10 dB @ 3/20 kHz), Balanceregler, Loudness-Korrektur (+6 dB @ 100 Hz), Phasen-, Mute- und Mono-Schalter, logarithmische Pegelanzeige
Ausführung: Front champagnergold, Gehäuse mattschwarz
Maße (B/H/T): 46,5/15,1/42 cm
Gewicht: 20 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: 4980 €

 

P.I.A. Hi-Fi Vertriebs GmbH
Rosenweg 6
64331 Weiterstadt
Telefon 06150 50025

 

www.pia-hifi.de

 

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.